Gedanken zum Klavierunterricht

Klavierspielen bedeutet Selbstreflexion
Durch das Ausprobieren, Erleben und Erfahren musikalischer Zusammenhänge werden eine differenzierte Auseinandersetzung mit unserer Gefühlswelt, ein kreatives Vorstellungsvermögen und eine umfassende musikalische Bildung möglich.

Klavierspielen bedeutet mehr als zur richtigen Zeit die richtige Taste zu drücken
Ziel meines Unterrichts ist es, einen musikalischen Fluss in Gang zu setzen. Das Durchdringen eines Stücks hat dabei oberste Priorität: Wo sind Spannungszusammenhänge, wohin zieht eine Entwicklung, wie ist der Charakter eines Werkes und immer wieder: Welchen Klang will ich dem Klavier entlocken?

Die Grundlage des Klavierspielens ist der Klang
So einfach dieser Ausspruch erscheint, so oft wird er vernachlässigt. Die Beschäftigung mit dem Klang an sich schärft das Einfühlungsvermögen und führt unweigerlich zu sinnvollen größeren Zusammenhängen. Entscheidend für erfolgreiches Musizieren ist die klangliche Gestaltung und die Erweiterung der klanglichen Ausdrucksmöglichkeiten.

Klavierspielen als Musikalischer Schatz
Klavierspielen bedeutet, sich intensiv mit unserer Kultur und damit mit unserer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Das Wissen über kulturelle Epochen in Musik, aber auch in Malerei, Architektur, Geschichte und Politik eröffnet eine kluge und zeitgemäße Wiedergabe eines Werks.

Klavierspielen bedeutet Verstehen und Nachvollziehen
Der etwas verstaubte Begriff der „Musiktheorie“ muss in der modernen Instrumentalpädagogik neu definiert werden: Es war zuerst die Musik da, dann die Musiktheorie, nicht umgekehrt. Nach diesem Grundsatz bedeutet die Beschäftigung mit „Theorie“ das Nachvollziehen des Kompositionsprozesses: Wo steht ein besonderer Akkord/Klang, wie ist er aufgebaut, wie hört oder fühlt er sich an und welche Entwicklung hat er zur Folge? Welche Strukturen hat ein Werk, welche Formteile lassen sich von harmonischen, rhythmischen und melodischen Begebenheiten ableiten?

Klavierspielen weckt das Interesse an Vielem
Eine umfassende Beschäftigung mit Musik führt dazu, dass Lernende sich völlig zwanglos für andere Bereiche interessieren: Für Kunst und Kultur, für Literatur, für Geschichte und Politik aber auch für Struktur und somit für physikalische und mathematische Zusammenhänge. Auch wenn dieser Effekt nicht das primäre Ziel des Klavierunterrichts ist, so ist er doch ein schöner Neben-Effekt. Eine Schüler*in, die seit einigen Jahren Klavierunterricht genießt geht aufmerksamer durchs Leben und ist bereit, sich mit strukturiertem Lernen und Üben intensiv einer Sache zu widmen, um Erfolge einzuheimsen.

Klavierspielen bringt Selbstbewusstsein
Zunächst einmal wörtlich: Durch das Benutzen unseres gesamten Bewegungsapparates und unterschiedlichster Hirnregionen werden wir uns unserer „Selbst bewusst“. In übertragenem Sinne: Regelmäßige Schülervorspiele und eine organisierte Vorbereitung hierauf zeigen der Schüler*in Wertschätzung und Professionalität im Umgang mit öffentlichen Auftritten. Wettbewerbe und Kammermusik können, zum richtigen Zeitpunkt angegangen, eine sinnvolle Ergänzung zum wöchentlich stattfindenen Unterricht sein. 

Klavierunterricht braucht Individualität
Jeder Mensch ist anders; jeder hat sein eigenes Lerntempo, seine eigene Vorbildung, seine eigene Geschichte, seine eigene Persönlichkeit. Wichtig ist das individuelle Eingehen auf jeden Einzelnen. Es gibt keinen perfekten „Fahrplan“ für erfolgreichen Klavierunterricht.

In meiner 20-jährigen Unterrichtspraxis habe ich bislang jede einzelne Unterrichtsstunde vorbereitet. Das Heraussuchen von passenden und motivierenden Stücken, das Nachdenken darüber, wie einer Schüler*in weitergeholfen werden kann und welche Hürden zu nehmen sind um die nächste Stufe zu erreichen gehören hier ebenso dazu wie visionäres Denken, um eine langfristige Planung zu ermöglichen und groß angelegte Ziele anzuvisieren. 

Die Betreuung endet nicht mit dem Ende des Unterrichts
Die musikalische Ausbildung lebt von einer angenehmen Beziehung zwischen Schüler*in und Lehrer*in. Aber auch die Eltern tragen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Regelmäßige Gespräche dienen als Grundlage für fein abgestimmte Leistungsanforderungen. Jeder darf in seinem eigenen Lerntempo lernen - ein klar definiertes Ziel hilft dabei, Durststrecken zu überwinden und sich mit Feuereifer dem Klavierspielen zu widmen.

Klavierspielen schafft Kulturelle Teilhabe
Ich sehe mich nicht nur als Klavierlehrer, sondern auch als „Kulturlehrer“. Es geht mir darum meine Begeisterung für die Musik mit all ihren Facetten weiterzugeben und erlebbar zu machen. Immer vom Werk ausgehend, werden Kompositionen und Komponist*innen in einen größeren Zusammenhang gestellt und differenziert bewertet. Ziel meines Klavierunterrichts ist die Befähigung, begründete und wohl überlegte Aussagen über Musik und Kultur im Allgemeinen treffen zu können. Ein individueller musikalischer und kultureller Geschmack ermöglicht später die aktive Teilnahme am kulturellen Leben. Nur wenn wir uns unserer Herkunft und damit unserer Kultur bewusst sind und uns mit ihr identifizieren, können wir auch offen gegenüber anderen Kulturen und Geisteshaltungen sein.

 

CD-Projekt mit Schülern der Musikschule Uelzen

  1. Op.47 Nr.15 Märchen
    Sophie A., 13 J.; Unterricht seit zweieinhalb J.

  2. Op.47 Nr.18 Sinnendes Kind
    Malin H., 14 J.; Unterricht seit zweieinhalb J.